Wie tief kann ein Mensch tauchen: Die Rekordjagd

Jun 7, 2022 | 0 Kommentare

Wasser ist nicht unser natürlicher Lebensraum, und doch zieht es uns magisch an. Sei es die pure Neugier, der Forschungsdrang, die Lust nach Abenteuer oder die Jagd nach Rekorden: Immer wieder gibt es Menschen, die besonders tief abtauchen. „Wie tief kann ein Mensch tauchen?“, fragt man sich da.

Ein Mensch ohne Geräte kann nicht so tief tauchen wie jemand mit professionellem Taucherequipment, das versteht sich von selbst. Auch bei den Gerätetauchern gibt es Unterschiede, zum Beispiel wenn sie spezielle Gasgemische für noch tiefere Zonen verwenden. Die Frage ist also nicht mit einer einzigen Zahl zu beantworten. Wir gehen ins Detail, um sie klären.

Wie tief kann ein Mensch nun tauchen?

Rekordmarken verschieben sich, und zwar in fast allen Bereichen. Vor allem aber dort, wo es um menschliche Leistungen geht. Wenn wir dir heute sagen, wie tief ein Mensch tauchen kann, gibt es morgen vielleicht schon wieder eine andere aktuelle Zahl.

In alten Zeiten galt die 40-Meter-Grenze als unüberbrückbar, weil Mediziner damals meinten, dass der menschliche Körper keinesfalls noch mehr Druck aushält. Trotzdem sind einige Taucher das Wagnis eingegangen und haben es unversehrt überlebt. Überraschungen gibt es noch heute, allerdings ist die Tauchermedizin viel weiter fortgeschritten und ermöglicht präzisere Voraussagen, ebenso wie eine bessere Vorbereitung.

Rekorde im Gerätetauchen, Apnoetauchen und U-Boot-Tauchen

Die Rekorde im Gerätetauchen und im Apnoetauchen, also dem Freitauchen, unterscheiden sich naturgemäß stark. Trainierte Apnoetaucher können immerhin mehr als 10 Minuten lang die Luft anhalten, in dieser Zeit kommt man ziemlich weit. Jedenfalls tiefer als 40 Meter.

Und dann gibt es natürlich noch die Tauchfahrten per U-Boot, die in lichtlose, unerforschte Tiefen führen. Ob das allerdings zum Thema „menschliches Tauchen“ gehört, ist umstritten. Schließlich nutzen die Akteure ein Fahrzeug, um sich auf den Grund der Ozeane zu befördern. Die moderne Tieftauchausrüstung ist allerdings davon nicht mehr sehr weit entfernt. Auch sie muss extrem robust und technisch ausgeklügelt sein.

Was ist der tiefste Tauchgang eines U-Boots?

Der Vollständigkeit halber möchten wir hier den tiefsten Tauchgang eines U-Boots erwähnen. Der ist schon lange her: Am 23. Januar 1960 schaffte es die Trieste auf eine Tiefe von 10.916 Metern im Marianengraben (Westpazifik). Seit Jacque Piccards und Don Walshs Abenteuerfahrt haben sich die Parameter nicht mehr verschoben, die maximale Tauchtiefe von bemannten U-Booten liegt weiterhin bei ca. 11.000 Metern. Der Wasserdruck beträgt dort unten ungefähr 170.000 Tonnen.

Viel Spielraum bleibt ohnehin nicht mehr. Die tiefste Stelle des Ozeans liegt ebenfalls im Marianengraben, nur wenige Meter tiefer als die Rekordfahrt. Einige Quellen besagen, es geht dort 11.022 Meter nach unten, andere sprechen von immerhin 11.934 Meter.

Wie tief können Gerätetaucher tauchen?

Schauen wir nun auf den Weltrekord der Gerätetaucher. Dieser stammt aus dem Jahr 2014, ist also schon ein paar Jahre alt. Damals, am 18. September, gelang es dem Ägypter Ahmed Gabr, im Roten Meer unglaubliche 332,35 Meter tief zu tauchen.

Dafür verwendete er 92 Pressluftflaschen mit 10 verschiedenen Gasgemischen und verbrachte 14 Stunden unterhalb der Wasseroberfläche. Es war also kein schnelles Ab- und Wiederauftauchen, sondern ein langwieriger Kraftakt, der viel Know-how erfordert. Nachmachen ist für den normalen Sporttaucher keine Option.

Hinweis:

Berufstaucher unternehmen im Rahmen ihres Jobs regelmäßig Tauchgänge von bis zu 200 Metern. Dafür haben sie eine gründliche Ausbildung hinter sich, müssen vollkommen gesund sein und absolute Sorgfalt walten lassen.

Wie tief tauchen Apnoetaucher?

Es gibt einen Weltrekord im Luftanhalten, der liegt bei sagenhaften 24 Minuten und 3 Sekunden. Er stammt von dem Spanier Aleix Segura Vendrell, der allerdings dabei nicht tief tauchte, sondern reglos mit dem Gesicht nach unten auf dem Wasser lag. Bei Bewegung, Kraftanstrengung und Wasserdruck wird der Rekordhalter Abstriche machen müssen. Ganz abgesehen davon, dass wir nicht wissen, wie gut er im Tauchen ist.

Es gibt verschiedene Möglichkeit, „nach unten“ zu kommen. Die eine besteht im reinen Körpereinsatz ohne Flossen oder andere Hilfsmittel, die andere bezieht Taucherflossen mit ein. Eine dritte Variante ist das Tauchen mithilfe eines Schlittens, No Limit genannt.

Der Schlitten reißt den Taucher mit nach unten – und ein luftgefüllter Hebesack bringt ihn wieder hoch. So verschieden diese Methoden sind, so unterschiedlich fallen die Ergebnisse auf. Wobei No Limit so unfallträchtig war, dass es inzwischen als AIDA-Disziplin gestrichen wurde.

Auf welche Tiefe können Menschen ohne Flossen tauchen?

Hast du im Schwimmbad schon versucht, den tiefsten Punkt zu erreichen? Das sind nur ein paar Meter, aber vielen Menschen fällt das schon schwer, so ganz ohne Flossen. Der neuseeländische Apnoetaucher William Trubridge hingegen gilt als echtes Ass auf seinem Gebiet, seit dem 14. Dezember 2010 hält er den Tiefenweltrekord.

Ohne Flossen oder andere Hilfsmittel erreichte er die 102 Meter und tauchte unbeschädigt wieder auf. Ort des Geschehens war das Dean`s Blue Whole bei den Bahamas. Trubridges Technik nennt sich „constant weight no fins“, er hat es darin zur Meisterschaft gebracht.

Und auf welche Tiefe können Menschen mit Flossen tauchen?

Taucherflossen beschleunigen das Ab- und Auftauchen ungemein. Trotzdem liegt der Tauchrekord für Flossentaucher nicht viel tiefer als der ohne Flossen. Daran sieht man, dass wir Menschen uns hier an unser Limit herantasten.

Der Russe Alexei Moltschanow ist Sohn einer 2015 verschollenen Apnoetaucherin. Er selbst hat sich für eine Karriere als Apnoetaucher entschieden und stellt seitdem einen Weltrekord nach dem anderen auf. Sein bisher tiefster Tauchgang mit Flossen fand am 17. Juli 2018 statt, als er im schon erwähnte Dean`s Blue Hole bei den Bahamas 130 Meter in die Tiefe rauschte, um kurz darauf wieder die Wasseroberfläche zu durchbrechen.

Der gewaltige Hohlraum im Riff von Long Island hat noch Platz für weitere Rekorde: Er zieht sich zylinderförmig bis auf 202 Meter Tiefe. Vielleicht versucht es Moltschanow irgendwann noch einmal. Oder ein anderer knackt die Marke.

Wie tief schafft es ein Mensch beim No-Limit-Apnoetauchen?

Für die No-Limit-Variante würde das tiefe Loch nicht genügen. Allerdings gibt es derzeit niemanden mehr, der Lust hat, diesen Weltrekord zu überbieten, weil der letzte Versuch sehr böse ausgegangen ist. Doch wenden wir uns erst einmal dem gelungenen Versuch zu:

Der Österreicher Herbert Nitsch zeigte bis zum Jahr 2012 gewaltigen Ehrgeiz, ohne Pressluftflasche tiefer und tiefer zu tauchen. Am 14. Juni 2007 stellte er den bis heute gültigen Rekord auf, der bei 214 Metern liegt.

Am 6. Juni 2012 ereilte ihn das Schicksal, als er sich mit seinem Schlitten in 253 Meter Tiefe reißen ließ. Wieder oben angekommen, musste der Notarzt eingreifen. Nitsch hatte mehrere Schlaganfälle und weitere gesundheitliche Folgen, als Reaktion wurde das No Limit als Apnoetauchen-Disziplin gestrichen.

Seit 2014 taucht der Berufspilot Nitsch wieder, obwohl er zwischenzeitlich sogar auf den Rollstuhl angewiesen war. Wer sich für seinen schweren Genesungsweg interessiert, schaut sich den Film „Zurück aus der Tiefe“ an.

An welchen Orten können Menschen tief tauchen?

Der passende Ort für einen Tauchrekord hat nicht nur eine besondere Wassertiefe. Es sollten außerdem ideale Umgebungsbedingungen herrschen, wie eine gute Sichtweite, kaum bis gar keine Strömung und möglichst warmes Wasser. Außerdem sollte sich auf dem Weg nach unten kein Hindernis im Weg befinden.

Der natürliche Tauchtopf Dean’s Blue Hole vereint alle diese Eigenschaften auf sich. Daneben eignen sich die Bahamas perfekt zum Urlaubmachen und Erholen nach dem anstrengenden Tauchgang. Kein Wunder also, dass so viele Rekordversuche genau hier, an einem der schönsten Korallenriffe der Erde stattfanden.

Gerätetaucher haben natürlich schon längst die vollen 202 Meter erkundet. Die Apnoetaucher mit und ohne Flossen arbeiten noch daran.

Für U-Boot-Fahrten in die tiefsten Tiefen ist der Marianengraben im Pazifik der ideale Platz. Er hat ungefähr 11.000 Meter Platz nach unten. Zum Vergleich: Die tiefste Stelle im Atlantik liegt bei 8.486 m, durchschnittlich ist dieser Ozean rund 3.600 Meter tief.

Liste der Tauchrekorde – der Sog in die Tiefe

Tiefe Rekord
40 m Sporttaucher sollten sich mit regulärer Pressluft nicht tiefer wagen
102 m So tief tauchte William Trubridge 2010 ohne Geräte und ohne Flossen
130 m Diese Tiefe erreichte Alexei Moltschanow 2018 ohne Geräte, aber mit Flossen
214 m Diesen Rekord stellte Herbert Nitsch 2007 im No-Limit-Apnoetauchen auf
332,35 m 2014 gelang es dem Gerätetaucher Ahmed Gamal Gabr, diese Tiefe zu erreichen
450 m In speziellen Druckanzügen können Menschen so tief tauchen
700 m Robben brauchen für diese Tiefe weder Pressluft noch Druckanzüge
1.000 m Der Atlantische Seeteufel, ein Anglerfisch, ist in dieser Tiefe zu finden
1.500 m Meeresschildkröten schlagen den Seeteufel noch um 500 Meter
3.000 m Kein Säugetier taucht tiefer als der Pottwal: Er deaktiviert für solche Rekorde alle nicht benötigten Organe
3.800 m Das Wrack der Titanic im Nordatlantik hat wahrscheinlich nie ein Pottwal besucht
6.000 m Der Tauchroboter Victor 6000 arbeitet tagelang auf solchen Tiefen in der Arktis
8.000 Meter Unter enormen Druckverhältnissen lebt der Fisch Brotula galatheae
10.916 m Die Tauchfahrt der Trieste endete im Marianengraben auf dieser Tiefe

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